Hochalpiner Profilverlust
Aus 2 Schuhen werden 4!
Es war ja klar: Eines Tages werde ich an Profil verlieren! Und das trotz aller profilreichen Merkmale in meinem Gesicht.
Doch dass mir das ausgerechnet in den Bergen von Garmisch-Partenkirchen passiert, hätte ich nicht erwartet. Gut, meine Bergschuhe waren mittlerweile auch knapp 20 Jahre alt und hatten echt kein Verlangen mehr danach, sich durch die Geröllfelsen der Alpspitze zu quälen. Ich persönlich hätte den Gipfel gerne noch kennen gelernt, der schon ganz nah in Sichtweite war. Doch das tun Gipfel eigentlich immer, egal wie nah oder weit entfernt.
Doch dann plötzlich lag die Profilsohle meines linken Bergschuhs neben mir. Und wenige Meter später dann auch noch die rechte. Haben Bergschuhe eigentlich einen programmierten Timer, der das Ablaufdatum vorbestimmt? Die Steine der Alpspitze sind nun auch nicht spitzer als anderswo und die Felsen nicht felsiger. Jedenfalls kaum. Eigentlich sind sie es. Was ich wandern wollte, war der gemäßigte Wanderweg für Senioren ab 40. Doch was ich erlebt habe, hätte sich anderswo stolz als Kletterweg behauptet. Die Südbayern sind eben die ganz harten.
Wie ich da so stand mit meinen Sohlen in der Hand, da war ich nicht ganz frei von der Versuchung, es auch ohne Profil zu versuchen. Auf einer Fußunterlage, so sicher wie ein Paar Hausschuhe. Ein Blick nach oben konnte mich aber von dieser Profilneurose schnell wieder befreien. Offenbar wurde der Weg zum Gipfel noch steiniger und noch felsiger. Genau genommen war das überhaupt kein Weg mehr.
Da am Berghang weit und breit kein Deichmann zu finden war, blieb mir also nichts anderes übrig, als mich auf Schusters Restunterlagen todesmutig bis zur übernächsten Seilbahnstation herabzukämpfen. Nun, wie die ganze Angelegenheit für mich ausgegangen ist, könnt Ihr Euch sicherlich denken: Ich habe es natürlich nicht überlebt. Schade.